Die Medium Brigade der belgischen Armee auf Übung in der Lüneburger Heide

Alle Jahre wieder wundert man sich von Kamen bis Unna, zumindest wenn man auf der B233 bzw. auf der Unnaer oder Kamener Straße zwischen der A1 und Königsborn  unterwegs ist: An jeder Kreuzung stehen die Feldjäger der Bundeswehr. Wenn man nur wenige Minuten wartet, weiß man warum – viele lange Kolonnen belgischer Militärfahrzeuge, auch gepanzerte, fahren von der Autobahn ab, um in der nahe gelegenen Glückauf-Kaserne einen technischen Halt einzulegen, dabei natürlich auch eine Pause für die einzelnen Soldaten. Dabei werden mehrere 100 Fahrzeuge aus Belgien bewegt, über Aachen, Köln, Unna und von da aus weiter auf die Truppenübungsplätze in die Lüneburger Heide. Eine Fotoreportage von Sebastian Kreutzkamp

Im Oktober betraf dies die Medium Brigade aus Leopoldsburg, die vom 11.-25.10.2013 in Bergen-Hohne mit 2000 Soldaten übte. Die Medium Brigade ist eine von zwei Brigaden des belgischen Heeres, bei der anderen handelt es sich aber um eine leichte Infanteriebrigade. Die Medium Brigade ist noch eine relativ junge Einheit, die im Januar 2011 aufgestellt wurde.  Sie besteht aus einer Stabskompanie und vier gleichwertigen, motorisierten Infanteriebataillonen. Bei diesen handelt es sich um die Bataillone Bevrijding – 5 Linie, Carabiniers Prins Boudewijn – Grenadiers, 1/3 Lanciers und die Chasseurs Ardennais. Bei der Bundeswehr könnte man sich darüber streiten, ob es sich um Jäger oder Panzergrenadiere handelt. Fakt ist, dass diese Bataillone über einen hohen Ausbildungsstand und eine gute, neue Ausrüstung verfügen. Kettenfahrzeuge sind in den letzten Jahren eher selten im belgischen Heer geworden. Man setzt eher auf gepanzerte Radfahrzeuge, die schneller zu verlegen sind.

Kolonne_auf_dem_Weg_nach_BergenHauptwaffensystem ist das neue AIV (Armoured Infantry Vehicle)in verschiedenen Versionen, das auf dem Piranha III der schweizerischen Firma MOWAG basiert. Auch die US-Army nutzt den Piranha III als Basisfahrzeug für ihre Stryker-Fahrzeugfamilie. Neben einer Gefechtsstand- und einer Bergeversion kommen in den Bataillonen vorwiegen drei Versionen zum Einsatz: Zwei Kompanien sind mit jeweils drei Zügen a vier AIV mit 12.7mm MG in einer Waffenstation ausgerüstet, in der Feuerunterstützungskompanie finden sich drei Züge a vier AIV DF90 sowie zwei Züge a vier DF30. Alle Fahrzeuge sind mit modernen Wärmebildgeräten ausgerüstet. Der DF30 verfügt über eine 30mm Maschinenkanone sowie mit einem coaxialen 7.62mm MG, der DF90 über eine 90mm Bordkanone sowie über ein 7.62mm MG. Da die AIV DF90 immer noch im Zulauf sind, verfügen einige Bataillone noch über Kampfpanzer Leopard 1A5BE, die diese Lücke noch schließen. Ferner ist in großen Stückzahlen auch das MPPV (Multi Purpose Protected Vehicle) vorhanden, dass in etwas dem Dingo 2 in der Bundeswehr entspricht.

Da Waffensysteme wie der Leopard 1 und der DF90 über große Gefahrenbereiche beim Schießen verfügen, braucht man entsprechend große Übungsplätze, die in Belgien und auch in den Niederlanden nicht gegeben sind. Auch habe größere Übungsplätze wie Bergen-Hohne/ Munster den Vorteil, dass man komplette Brigaden beüben kann, z.B. für taktische Manöver. Die Artillerie kann dort ebenso im scharfen Schuss üben. Da die Medium Brigade über kein eigenes Artilleriebataillon verfügt, wird diese Unterstützung zusätzlich gestellt, genauso wie Logistik und Aufklärungskomponenten der belgischen Armee. Dieses Jahr erfolgte eine weitere Unterstützung durch eine Kompanie des 17. Panzergrenadierbataillons Garderegiment Fuseliers Prinses Irene des niederländischen Heeres, die mit Schützenpanzern CV9035 ausgerüstet ist.

DF90_im _scharfen_SchussBeim diesjährigen Aufenthalt ging es wie bei den vorangegangen Aufenthalten der letzten Jahre wieder nicht nur um reine Schießübungen und der Handhabung der neuen Fahrzeuge. Auch in diesem Jahr wurde wieder ein Bataillon der Brigade, die Chasseurs Ardennais, für die NATO zertifiziert, damit sichergestellt ist, dass dieses Bataillon einen höchsten Ausbildungsstand erreicht und somit die Einsatzbereitschaft gegeben ist. Gegen Ende des Aufenthaltes fand zudem für die 1/3 Lanciers der letzte Schuss mit dem Kampfpanzer Leopard1 A5BE statt, da dieses Bataillon komplett als vorletztes der Brigade auf den AIV DF90 umgestellt hat.  Ab dem 25. Oktober traten dann die Verbände ihre Heimreise an, so dass dann auch wieder etliche Kolonnen sich zu einem Halt in der Unnaer Glückauf-Kaserne einfinden. Nächstes Jahr bleibt dies in diesem Rahmen aus, da dann die Brigade außerhalb von Belgien in der Oberpfalz und in Tschechien üben wird.